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27.02.2014

Perrault: Keine Frage der Größe

DC Tower in Wien - Interview und Bildstrecke


Was haben ein New Yorker Bürgermeister, ein amerikanischer Astronaut und ein französischer Architekt gemeinsam? „Sie sind alle nicht von dieser Welt“, vermutete Domique Perrault gestern über die Kombination der zur Eröffnung seines DC Tower I geladenen Ehrengäste. Mit 250 Metern ist der 60-geschossige Wolkenkratzer das höchste Gebäude Wiens. Vielleicht lag es deshalb nahe, Rudy Giuliani, den Ex-Bürgermeister der Stadt mit den weltweit meisten Hochhäusern (allein 50 davon messen über 200 Höhenmeter) einzuladen, und mit Buzz Aldrin – dem zweiten Mann, der den Mond betrat – jemanden mit einer völlig anderen Höhenperspektive vor Ort zu haben.
 
DC steht für Donaucity, dem neuen zentrumsnahen Stadtteil Wiens, mit dessen Entwicklung vor 18 Jahren begonnen wurde. Perraults Wolkenkratzer, dessen Bau 2010 startete, gilt als Wahrzeichen dieses Neubauviertels am linken Donauufer, das noch bis Mitte des 20. Jahrhundert als „Brettldorf“ bekannt war – ein Name, den es der Besiedelung durch Schrebergärten und in Notzeiten errichteten Hütten verdankte.

Nun streckt sich hier der – trotz einer massigen Kubatur von 28 Meter Breite und 59 Meter Länge – schlanke Perrault-Turm mit seiner markanten Silhouette in den Himmel. Zu drei Seiten ist die Fassade geschlossen, die offene Seite vermisst noch ihren Gegenpart. Mit dem Bau des DC Tower II, der gestalterisch an diese „rauhe“ Seite andocken soll, wird frühestens 2015 gerechnet. – Wir haben Dominique Perrault in der Skybar des DC Tower I getroffen.
 

Monsieur Perrault, was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie auf der Dachterrasse des von Ihnen entworfenen Hochhauses stehen und sich überlegen, wie es hier vor 100 Jahren ausgesehen hat?

Das ist ein einzigartiges Gefühl! Die Sicht auf die Altstadt von Wien und die Donau ist großartig! Dieser Teil der Stadt galt lange Zeit als Vorort, nun wird er endlich aus diesem Schattendasein herausgeholt und zu einem neuen Zentrum werden. Der Zweite Bezirk Wiens, zu dem die Donaucity gehört, hat sich ähnlich wie der Stadtteil Le Marais am rechten Ufer der Seine in Paris in den letzten Jahren sehr verändert: Der neue Campus der Wirtschaftsuni mit Gebäuden von Zaha Hadid, Peter Cook und anderen Architekten – und jetzt ich in der Donaucity: Wir geben dem Bezirk Schritt für Schritt ein neues Gesicht.
 
Was genau trägt der DC Tower zu dieser neuen Qualität bei?

Den Wettbewerb damals habe ich vor allem mit meinem städtebaulichen Entwurf gewonnen. Es geht darum, die Flusslandschaft der Donau in die Stadt einzubinden. Wenn man sich in der Altstadt befindet, spielt der Fluss ja gar keine Rolle. Gerade diese Landschaft ist aber ein besonderes Potential für die Zukunft der Stadt. Die „flüssige“ Fassade mit ihren wellenförmig verlaufenden vertikalen Bändern bezieht sich auch visuell auf die Wasseroberfläche der Donau. Mein Turm ist der erste Schritt einer Transformation des alten Wiens mit seinem historischen Stadtkern zu einer Weltmetropole. Er steht für die Idee der vertikalen Stadt, die hier nun mit der horizontalen Stadt verbunden wird.

Ihr Turm ist mit 250 Metern das höchste Gebäude der Stadt Wien. Wie viel höher würden Sie gehen?

Es gibt kein Limit – bald werden wir vielleicht Hochhäuser von einem oder zwei Kilometer Höhe bauen. Es ist keine Frage der Größe, wichtig ist vor allem die Verknüpfung der horizontalen mit der vertikalen Stadt. Es ist wie mit einem großem Baum: Entscheidend sind die Wurzeln. Ein Turm von ein oder zwei Kilometern Höhe würde auch nicht singulär funktionieren, so etwas müsste als Akkumulation von mehreren Hochhäusern geplant werden.
 
Der DC Tower I hat ja eigentlich auch einen Gegenpart, den DC Tower II...

Der DC Tower I ist nicht als Solitär geplant, sondern formt mit seiner zweiten Hälfte, dem DC Tower II, ein Tor für die Donaucity. Aus dieser Idee resultiert auch die geknickte Fassade – die gegenüberliegenden Türme formen zusammen das Bild eines auseinandergebrochen Monoliths. Leider ist nur der erste Teil dieser Entwurfsstrategie bisher verwirklicht, dabei ist mir städtebaulich besonders der Raum wichtig, der zwischen den beiden Hochhäusern entstehen wird. Ich habe noch nie einen einzelnen Turm gebaut: vier für die Nationalbibliothek in Paris, drei für ein Hotel in Mailand und jetzt eben zwei in Wien.
 
Das Gespräch führte Luise Rellensmann.


Video:

Eminent Architects: Dominique Perrault (Video by BauNetz)



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