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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Bund_verschiebt_das_Berliner_Schloss_-_mit_Kommentar_1088837.html

07.06.2010

Nicht vermittelbar

Bund verschiebt das Berliner Schloss – mit Kommentar


Das Bundeskabinett hat in seiner Sparklausur am heutigen Montag den Baubeginn für den Bau des Berliner Schlosses („Humboldt-Forum“) von 2011 auf 2014 verschoben. Zur Begründung hatte es schon am Vorabend geheißen, dass „angesichts der zu treffenden Sparentscheidungen der Neubau eines schlossartigen Gebäudes im Zentrum Berlins ‚nicht vermittelbar‘ sei“, zitiert der Tagesspiegel.

Ein verschobener Schlossbau dürfte nach Ansicht der meisten Kommentatoren das endgültige Aus für dieses unbeliebte Bauprojekt bedeuten. Nach einer aktuellen Forsa-Umfrage sprechen sich 80 Prozent der Berliner gegen den Bau zum jetzigen Zeitpunkt aus.

Kommentar der Redaktion


Wer in diesem Zusammenhang darüber klagt, dass „bei der Kultur immer als erstes gespart“ werde, heuchelt. Denn wer so spricht, dem geht es nicht um ein „Kulturprojekt“, sondern zuerst um die Rekonstruktion pseudobarocker Fassaden, die – so sagte CDU-Hinterbänkler Lehmann-Brauns kürzlich in schöner Offenheit – „seit 20 Jahren gegen links“ durchgesetzt werden sollen. Man war dem Ziel so nahe – und nun kommt doch der Absturz. Und das ist richtig so.

• Richtig deshalb, weil mit dem Humboldt-Forum inhaltlich eben nicht der geniale Geistesblitz realisiert worden wäre. Das Humboldt-Forum – also maßgeblich die Verlagerung der außereuropäischen Sammlungen aus Dahlem in die Schloss-Attrappe plus etwas Kommunikationsgedöns – ist lediglich ein nachträglich gefundener Inhalt, um eine Schloss-Rekonstruktion zu legitimieren.

• Richtig deshalb, weil der Entwurf von Franco Stella (siehe BauNetz-Meldung vom 29. Oktober 2009) ein scheußlicher Zwitter aus nachgemeißeltem Barock und totem italienischen Neorationalismus geworden wäre – ein hauptstadtunwürdiges Bau-Gebilde.

• Richtig deshalb, weil die Rekonstruktion eines seit Jahrzehnten spurlos verschwundenen Gebäudes nach allen Regeln der Architektur- und Denkmaltheorie immer bleiben wird, was es ist: eine unzulässige Geschichtsklitterung.

Die Ironie der Geschichte ist allerdings, dass die De-facto-Aufgabe dieses Bauvorhabens mit einer unzutreffenden Begründung erfolgt. Denn Geld spart man damit kaum. Laufende Planungsarbeiten (es sollen aktuell 60 Ingenieure daran beschäftigt sein) müssen auch bei einem Baustopp abgegolten werden. Und der seit Jahren baulich vernachlässigte Standort Dahlem der außereuropäischen Sammlungen (ein nachkriegsmodernes Meisterwerk von Fritz Bornemann) braucht dann Abermillionen für seine überfällige Sanierung.

So kann man resümieren, dass eine fiskalisch falsche Begründung zur architektonisch richtigen Lösung geführt hat. Das hätte man allerdings auch früher haben können. (-tze)



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